Meldungen aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen
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"Wir wurden geopfert wie Schlachtvieh"

Veranstaltung anlässlich des 80. Jahrestages des Überfalls auf die Sowjetunion am 22. Juni 2021

Prof. Dr. Stefan Creuzberger, Universität Rostock, in der Online-Veranstaltung Screenshot Jana Moers

Düsseldorf. Am Vorabend des Jahrestages bot der Bezirksverband Düsseldorf in Kooperation mit dem Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf ein Gespräch zwischen Dr. Sabine Grabowski und Prof. Dr. Stefan Creuzberger, Universität Rostock und Mitglied der Deutsch-Russischen Historikerkommission, an. Eingeleitet wurden die thematischen Kapitel zum rassistischen Vernichtungskrieg von Zitaten deutscher und sowjetischer Zeitzeug:innen, gelesen von Astrid Wolters. Das Titel-Zitat stammt vom 23-Jährigen Infanteristen Willy Peter Reese aus Duisburg, der es auf dem Rückzug der deutschen Armee notiert hat. Aus seiner Sicht gab es in dieser Phase des Krieges keine Kämpfe mehr, sondern nur noch gegenseitiges Morden. 

Die ausgebuchte Präsenz-Veranstaltung musste aufgrund der Bedingungen während der Corona-Pandemie als Online-Konferenz durchgeführt werden.

Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher, Vorsitzende des Bezirksverbandes Düsseldorf und Mitglied des Landesvorstandes, betonte in ihrem Grußwort, dass niemand sich die immensen Opferzahlen von 26 Millionen Toten in der Sowjetunion, davon über 15 Millionen Zivilist:innen, und mehr als 2,7 Millionen deutscher Soldaten und 1,4 Millionen deutscher Zivilangehöriger am Kriegsende vorstellen könne. Die großen Verluste, gerade der sowjetischen Seite, seien in Deutschland ziemlich unbekannt und in der Erinnerungskultur kaum präsent. Es sei ein Zuviel an „Tod, Zwang, Gewalt und Blut“. Hier gehe es nicht um Schuldzuweisungen, sondern um Verantwortung für Gegenwart und Zukunft. Einzelne Biografien wären viel eher vorstellbar. Daher sei auch das „Plennyje-Projekt des Landesverbandes NRW zur Erforschung der Lebens- und Arbeitswege sowjetischer Kriegsgefangener im heutigen NRW so wichtig. Und die jüngere Generation könne sich, auch in Projekten des Volksbundes, in einen Dialog und Austausch mit Jugendlichen aus ganz Europa begeben, um sich gemeinsam für Frieden und Versöhnung einzusetzen.

Prof. Creuzberger beleuchtete mit großer fachlicher Expertise den Verlauf des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion und seine Folgen vom Beginn bzw. dem Bruch des Hitler-Stalin-Paktes bis zur Rückkehr des Krieges auf deutsches Territorium. Dabei zeichnete er immer die deutsche und die sowjetische Seite nach. Prof. Creuzberger legte ausführlich dar, dass es sich in diesem Konflikt um den brutalsten und verlustreichsten Krieg im 20. Jahrhundert gehandelt habe, der das Verhältnis Deutschlands zu seinen östlichen Nachbarn nachhaltig geprägt habe.

Generalkonsul Alexey Dronov unterstrich in seinem Beitrag, dass gerade die Klärung der Schicksale der über drei Millionen in deutschen Lagern verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen eine wichtige Frage für Russland sei. Es gebe durchaus unterschiedliche Perspektiven auf diesen rassistischen Vernichtungskrieg und verschiedene Deutungen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte in seiner Rede zum 22. Juni 2021, dem 80. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion, gesagt: „Die Erinnerung an dieses Inferno, an absolute Feindschaft und die Entmenschlichung des Anderen – diese Erinnerung bleibt uns Deutschen eine Verpflichtung, und der Welt ein Mahnmal.“ Und er betonte, dass Erinnerung ihren Platz haben müsse und nicht auf eine Perspektive verengt werden dürfe. 

Dies ist durch die Veranstaltung am 21. Juni 2021 im Sinne des Bundespräsidenten gelungen.

Hier finden Sie den Link zur vollständigen Rede des Bundespräsidenten.